Arbeiten im Urlaub: Welche Rechte Arbeitnehmer in den Ferien haben

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Laut Studien verlangen Chefs, dass ihre Mitarbeiter im Urlaub erreichbar sind. Doch mit abnehmendem Alter sinkt auch die Bereitschaft in den Ferien verfügbar zu sein.

In der heutigen Arbeitswelt, in der die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben immer mehr verschwimmen, ist das Phänomen, auch im Urlaub beruflich erreichbar zu sein, keine Seltenheit mehr. Dieses Verhalten wirft Fragen bezüglich der Rechte von Arbeitnehmern auf. Wie sieht es tatsächlich mit der Erreichbarkeit während der wohlverdienten freien Zeit aus, und welche Grenzen sollten sowohl von Arbeitgebern als auch von Arbeitnehmern beachtet werden?



Erreichbarkeit im Urlaub: Die neue Normalität?

Das Beispiel von Robin Wagner, der seinen Urlaub auf Mallorca verbringt und dennoch nicht ganz von seiner Arbeit loskommt, ist kein Einzelfall. Das Bedürfnis, berufliche E-Mails zu überprüfen und auf dem Laufenden zu bleiben, auch wenn es nur eine halbe Stunde am Tag ist, ist für viele Menschen zur Gewohnheit geworden – sei es aus Sorge, etwas Wichtiges zu verpassen, oder einfach nur, um einen Überblick über die Vorgänge im Büro zu behalten. Interessanterweise variiert die Neigung, im Urlaub erreichbar zu sein, altersabhängig. Während 73 Prozent der Erwerbstätigen zwischen 50 und 64 Jahren angeben, im Sommerurlaub beruflich erreichbar zu sein, sinkt dieser Wert bei den 16- bis 29-Jährigen auf 51 Prozent. Trotz dieser Unterschiede erklärt eine beachtliche Mehrheit von insgesamt 66 Prozent der Arbeitnehmer, dass sie auch während des Urlaubs für berufliche Zwecke kontaktierbar bleiben.

Was sagt das Gesetz?

Die Kernfrage ist, ob Arbeitgeber die Erreichbarkeit während des Urlaubs einfordern dürfen. Die klare Antwort lautet: Arbeitnehmer haben im Urlaub ein Recht auf Nicht-Erreichbarkeit. Dies bedeutet, dass niemand verpflichtet ist, während seiner freien Zeit berufliche Anrufe entgegenzunehmen oder E-Mails zu beantworten. Es gibt zwar die Pflicht, sich am Ende des Urlaubs wieder auf den aktuellen Stand zu bringen und zu wissen, was am ersten Arbeitstag wieder auf einen zukommt, aber während des Urlaubs muss man für den Arbeitgeber nicht erreichbar sein. Dieses Recht auf Nicht-Erreichbarkeit schützt den Mitarbeiter und soll sicherstellen, dass die Erholungszeit auch tatsächlich zur Erholung genutzt wird.

Die individuelle Entscheidung

Am Ende bleibt es eine sehr individuelle Entscheidung, wie jeder Einzelne mit der Erreichbarkeit im Urlaub umgehen möchte. Für Personen wie Robin Wagner kann ein kurzer Check der E-Mails eine beruhigende Wirkung haben und dazu beitragen, das Gefühl zu behalten, über wichtige Angelegenheiten informiert zu sein. Wichtig ist jedoch, dass diese Entscheidung freiwillig erfolgt und nicht aufgrund von Druck oder unausgesprochenen Erwartungen des Arbeitgebers. Letztendlich sollte jeder Arbeitnehmer die eigenen Grenzen kennen und sie entsprechend seiner persönlichen Präferenzen setzen. Es ist essentiell, die Balance zwischen Erholung und Erreichbarkeit zu finden, die für einen selbst am besten funktioniert.

In einer Welt, in der die Arbeitsbelastung stetig zunimmt und die Technologie es einfacher als je zuvor macht, immer und überall erreichbar zu sein, ist es von größter Bedeutung, bewusste Entscheidungen darüber zu treffen, wie wir unsere Freizeit gestalten. Das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit im Urlaub zu kennen und zu respektieren, ist ein wichtiger Schritt, um sicherzustellen, dass Arbeitnehmer die Pause bekommen, die sie verdienen, und die sie benötigen, um ihre Batterien wieder aufzuladen.

Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben

Die Diskussion um das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit ist angesichts der Digitalisierung und der damit einhergehenden Flexibilisierung der Arbeit in den Vordergrund gerückt. In einigen Ländern, wie zum Beispiel in Frankreich, wurde bereits gesetzlich verankert, dass Arbeitnehmer außerhalb ihrer Arbeitszeiten nicht verpflichtet sind, auf berufliche Anfragen zu antworten. Dieses Gesetz, oft als „Recht auf Abschalten“ bezeichnet, zielt darauf ab, die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben klarer zu definieren und die psychische Gesundheit der Arbeitnehmer zu schützen. Der zunehmende Bewusstseinswandel hin zu einer ausgewogeneren Work-Life-Balance hat auch in anderen Ländern zu ähnlichen Debatten geführt. Organisationen und Unternehmen werden zunehmend dazu angehalten, Richtlinien einzuführen, die die Erreichbarkeit von Mitarbeitern außerhalb der Arbeitszeiten regeln, um Überarbeitung und Burnout vorzubeugen. Die Entwicklung zeigt, dass sowohl gesetzliche Regelungen als auch die Unternehmenskultur eine wichtige Rolle dabei spielen, gesunde Grenzen zwischen beruflichem Engagement und persönlichem Wohlbefinden zu etablieren.

FAQs zur Arbeit im Urlaub

Muss ich im Urlaub auf berufliche Anrufen oder E-Mails reagieren?

Nein, gesetzlich bist du im Urlaub nicht verpflichtet, auf berufliche Anrufe oder E-Mails zu antworten. Dieser Zeitraum dient deiner Erholung und dem Auftanken neuer Energie. Das Recht auf Nicht-Erreichbarkeit schützt deine Ruhezeit vor Arbeitsanfragen. Unternehmen und Arbeitgeber sollten demnach keine Erwartung haben, dass ihre Mitarbeiter während des Urlaubs erreichbar sind, und es sollte klar kommuniziert werden, dass die Erholungszeit respektiert wird.

Können Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber für die Erreichbarkeit im Urlaub zusätzlich entlohnt werden?

Theoretisch ist es möglich, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber individuelle Vereinbarungen bezüglich der Erreichbarkeit im Urlaub und einer dafür entstehenden zusätzlichen Entlohnung treffen. Allerdings ist dies nicht die Norm und sollte, falls gewünscht, sehr genau in einem Vertrag festgehalten werden. Es ist wichtig, dass solche Vereinbarungen klar und eindeutig sind, um Missverständnisse zu vermeiden. Generell steht aber der Erholungszweck des Urlaubs im Vordergrund und sollte nicht durch Arbeitsverpflichtungen untergraben werden.

Wie kann ich sicherstellen, dass mein Recht auf Nicht-Erreichbarkeit im Urlaub respektiert wird?

Es kann hilfreich sein, im Vorfeld des Urlaubs klare Absprachen mit deinem Vorgesetzten und deinem Team zu treffen. Besprich, wie dringende Angelegenheiten während deiner Abwesenheit geregelt werden können und wer als Ansprechpartner für Notfälle fungiert. Eine gut organisierte Übergabe und die Festlegung von Vertretungen für deine Abwesenheit können dafür sorgen, dass alles reibungslos weiterläuft, während du deinen Urlaub genießt. Darüber hinaus ist es ratsam, deine Abwesenheitsnotiz so zu formulieren, dass klar wird, wer die Kontaktperson für dringende Angelegenheiten ist und dass du nach deiner Rückkehr wieder zur Verfügung stehst.


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