Immer mehr Zwillinge Trend zur Risiko-Schwangerschaft

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Nicht nur in Hollywood, in allen Industrieländern steigt die Zwillingsquote sprunghaft an. Woran liegt’s?

Frau hält Schwangerschaftsbauch.

Statistisch gesehen führt jede 83. natürliche Befruchtung zu Zwillingen. Wird künstlich durch eine so genannte In-Vitro-Fertilisation (IVF) nachgeholfen, so liegt die Wahrscheinlichkeit, zwei Babys auf einmal zu bekommen, bei etwa sechs zu eins. Vor allem der verstärkte Einsatz von künstlichen Befruchtungen und Hormonbehandlungen gilt deshalb heute als Grund dafür, dass die Zahl der Zwillingsgeburten in den Industrieländern stark angestiegen ist.

Bei der Vorbereitung einer künstlichen Befruchtung entstehen meist mehrere Embryos, die der Patientin eingepflanzt werden können. Setzen die Reproduktionsmediziner einige davon in die Gebärmutter der Frau ein, so erhöht sich für diese die Wahrscheinlichkeit, tatsächlich schwanger zu werden.

IVF und Hormonbehandlung

Aber nicht nur IVFs, auch Hormonbehandlungen haben häufig eine Mehrlingsschwangerschaft zur Folge. Bei dieser Art der Fruchtbarkeitstherapie reifen im Körper der Patientin mehrere Eibläschen heran, die anschließend auf natürlichem Weg befruchtet werden können. In rund 30 Prozent der Fälle nisten sich tatsächlich zwei oder mehr befruchtete Eizellen in der Gebärmutter ein und führen – wenn alles gut geht – zu Babygeschrei hoch zwei, drei, vier…
Nun haben auch die Ärzte den „Trend“ zur Zwillingsschwangerschaft erkannt und wollen gegensteuern. Mehrlinge bedeuten nämlich ein höheres Risiko für Mutter und Kinder. Häufig kommen Zwillinge zu früh auf die Welt, für die werdende Mama ist die Schwangerschaft mit zwei Babys im Bauch meist eine große körperliche Belastung.

Ziel: weniger Zwillinge

„Wir sind international übereingekommen, dass wir Einlings-Schwangerschaften anstreben wollen“, erklärt so zum Beispiel Professor Wolfgang Würfel vom Kinderwunschzentrum München-Pasing in der „Apotheken Umschau“. Die Bundesärztekammer plädiert nach Angaben der Zeitschrift mittlerweile dafür, Frauen im Alter bis zu 38 Jahren bei einer künstlichen Befruchtung höchstens zwei Embryos einzusetzen. Bei älteren Frauen mit Kinderwunsch seien auch drei befruchtete Eizellen gerechtfertigt, um die Wahrscheinlichkeit auf ein Baby zu erhöhen.
Wie Studien zeigen, kann frau die Wahrscheinlichkeit, Mehrlinge zu bekommen, aber auch durch spezielle Diäten beeinflussen. Vor allem dann, wenn bereits eine künstliche Befruchtung durchgeführt wurde: Mediziner der Universität Aberdeen wiesen im Frühjahr 2006 im Fachmagazin „The Lancet“ darauf hin, dass der Folsäurespiegel im Blut der werdenden Mutter Einfluss auf die Zahl der Babys hat.

Folsäure fördert Mehrlingsschwangerschaft

Nimmt eine künstlich befruchtete Frau sehr viel Folsäure zu sich, so steigt die Chance auf eine Zwillingsgeburt weiter. Allein in den USA soll sich die Mehrlingsrate bei In-Vitro-Fertilisations-Schwangerschaften durch das B-Vitamin um bis zu 13 Prozent erhöhen. Folsäure nicht zu geben, ist auf der anderen Seite aber auch wenig empfehlenswert: das Präparat kann Fehlbildungen beim werdenden Kind verhindern. In der Schwangerschaft sollten Frauen je nach Bedarf zwischen 0,4 und 0,8 Milligramm Folsäure zu sich nehmen. Doch nicht nur Nahrungsergänzungsmittel, auch unwissentlich mit dem Essen aufgenommene Stoffe können die Probabilität einer Zwillingsgeburt erhöhen: Ärzte des „Long Island Jewish Medical Center“ in New York fanden heraus, dass Wachstumshormone in tierischen Produkten wie Milch und Fleisch Mehrlingsschwangerschaften begünstigen.

Hormone in Lebensmitteln

US-amerikanische Frauen, die komplett auf tierische Produkte verzichteten, bekamen im Rahmen der Studie fünf Mal seltener Zwillinge als Durchschnittsesserinnen. Wurden bei den Veganerinnen je 1.000 Entbindungen nur vier Zwillingspärchen geboren, so waren es bei Frauen, die konventionelle Lebensmittel zu sich nahmen, rund 20. Im Blut der Veganerinnen fanden die Wissenschaftler eine viel geringere Konzentration des Wachstumshormons IGF, das von hormonbehandelten Tieren stammt. Deutsche Frauen können allerdings aufatmen: In der Europäischen Union sind Wachstumshormone in der Landwirtschaft verboten.


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